virtual.MEDICA und virtual.COMPAMED: Interview mit den „unsichtbaren Gestaltern“ der Veranstaltungen
Die MEDICA und die COMPAMED sind internationale Anlaufpunkte, die die Herzen der Medizinbranche höher schlagen lassen. In diesem Jahr überzeugten die beiden Plattformen jedoch nicht nur mit interessanten Vorträgen und spannenden Produktpräsentationen zu Medizintechnik, Gesundheit, Pflege oder der medizinische Zuliefererbranche und Produktentwicklung, sondern vor allem mit einem neuen Format: Neben der glasstec VIRTUAL und zwei drupa preview days gehörten sie zu den ersten Veranstaltungen, die die Messe Düsseldorf komplett virtuell durchführte und das Feedback von Besuchern wie Ausstellern war großartig.
„Eine Online-Messe ist eine straff geplante Show“
Innerhalb kürzester Zeit meldeten sich für die virtual.MEDICA und virtual.COMPAMED mehr als 1.500 Aussteller aus 63 Nationen an, die von dem klaren und nachhaltigen Konzept, das das Projektteam trotz der Ungewissheiten, die die weltweite Pandemie mit sich brachte, auf die Beine gestellt hatte. Mit Online-Showrooms, Live-Programm und über 100 Web-Sessions begeisterten die Formate rund 45.000 Fachbesucher (Unique User) aus 169 Nationen und vernetzen so die Healthcare-Community auf der ganzen Welt.
Gut zwei Wochen nach dem erfolgreichen Abschluss der Events haben wir mit Christian Grosser, Project Director Health and Medical Technologies, und Senior Project Manager Vanessa Klein über ihre neue Herausforderung gesprochen. Gemeinsam mit einem Team von sieben Kollegen und unterstützt von weiteren Kollegen aus den Abteilungen Marketing und Kommunikation, Presse und Conference Management waren sie intensiv in die Vorbereitung und Durchführung der virtual.MEDICA und der virtual.COMPAMED eingebunden und teilen ihre Erfahrungen im Interview mit uns.
Die MEDICA hat zum ersten Mal in einem rein virtuellen Format stattgefunden: Wie sieht Ihr Fazit zu den Veranstaltungen aus?
Vanessa Klein (VK): Da fallen mir direkt die Stichworte „Eventisierung“ bzw. „Festivalisierung“ ein. Ein physischer, spürbarer Freizeit- und Eventcharakter steigert die Motivation, Vorfreude und Aufgeregtheit aller Beteiligten und der Wert eines persönlichen Treffens ist nicht ersetzbar. Aber wir durften erleben, wie loyal, kooperativ und neugierig unsere Kunden und Partner sind, indem sie gemeinsam mit uns diesen neuen und ungewohnten Weg in 2020 ausprobiert haben.
Wie müssen wir uns die Vorbereitung und Planung einer virtual.MEDICA vorstellen? Was waren für Sie die größten Unterschiede zu einer klassischen Laufzeitvorbereitung?
Christian Grosser (CG): Wir haben zur virtual.MEDICA ein virtuelles Ausstellerpaket angeboten. Da dieses Paket natürlich keinen Messestand im klassischen Sinne sowie alle damit einhergehenden Serviceleistungen enthält, entfielen viele Aufgaben und Tätigkeiten, die uns und unsere Kolleginnen und Kollegen normalerweise stark beanspruchen – vor allem in der Logistik, dem Standbau und der dazugehörigen Technik, sowie dem Protokoll. Auch gab es in diesem Jahr keine Auf- und Abbauphase, in der es gewöhnlich auf dem Gelände sehr voll ist und hektisch zugeht. Dafür waren die Kolleginnen und Kollegen der Marketing- und Kommunikationsabteilung sowie der IT viel stärker involviert.
VK: Eine Online-Messe ist eine straff geplante Show. Daher sind Zeitplan, Drehbuch und Regie wichtig. Nicht nur für uns als Organisatoren, sondern selbstverständlich auch für unsere Aussteller und Besucher. Diesen mussten wir dieses Jahr konkrete Tipps und Tipps geben, was wie wo wann erlebt werden kann, denn die virtual.MEDICA bzw. virtual.COMPAMED war mit einem Mausklick zu verlassen. Wohingegen sich der Besucher bei einer physischen Messe erstmal den Weg zum Ausgang bahnen muss und während diesem „Treibenlassen durch die Hallen“ Zufallsbegegnungen möglich sind.
Die MEDICA hat eine sehr internationale Kundschaft: Wie ließ sich im virtuellen Format der internationale Spirit der Laufzeit abbilden?
VK: Die Konferenzen und Webinare fanden in englischer Sprache statt. Die Speaker wurden aus den verschiedensten Ländern hinzugeschaltet und manchmal war der Hintergrund zu erkennen. So stand beispielsweise eine Professorin in einem Hörsaal in den USA, der Labor-Experte derselben Web-Session antwortete aus seinem Büro in einem Skyscraper in Bangkok und unsere Moderatorin führte aus unserem eigens geschaffenen Studio im Congress Center Düsseldorf (CCD) durch die Diskussion.
Gefehlt hat der persönliche Austausch mit unseren internationalen Kollegen. Diese sind selbstverständlich nicht Teil der oben beschriebenen Web-Sessions, sondern haben, wie wir, im Hintergrund gearbeitet und waren dadurch die unsichtbaren Gestalter.
„Der Spannungsbogen einer virtuellen Messe ist ein ganz anderer“
Als Projektteam steht man während einer klassischen Laufzeit sehr unter Strom, sitzt in der Messeleitung oder besucht den Kunden am Stand. Wie hat Ihr Team die virtuelle Laufzeit erlebt?
CG: Es war schon seltsam und ungewohnt, keinen direkten persönlichen Kontakt mit Ausstellern und Besuchern zu haben. Normalerweise sind wir alle stark während der Laufzeit eingebunden und ständig in den Hallen und Konferenzräumlichkeiten unterwegs – sei es für offizielle Termine, für Kundengespräche oder andere Dinge, die anfallen und zu organisieren sind, damit die Veranstaltung in den vier Tagen reibungslos abläuft und für Aussteller und Besucher ein positives Erlebnis ist. Jetzt saßen wir vor unseren PCs und haben über E-Mail, Telefon aber auch unser Matchmaking-Tool Kontakt zu unseren Kunden gehalten und die Veranstaltung verfolgt. Auch gab es eine permanente Videokonferenz mit allen involvierten Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir uns so schnell austauschen konnten.
Positiv war diesmal, dass wir Zeit hatten uns die vielen spannenden Vorträge, Pitches und Diskussionsrunden der MEDICA-Foren und -Konferenzen anzuschauen. Diese wurden in zwei täglichen Live-Streams in Deutsch und Englisch, sowie in drei separaten Videostreams über das Internet übertragen.
VK: Es fehlte die wuselige Aufbauzeit, der Eröffnungsmorgen, wenn die Besucher erstmalig über den Eingang Nord auf das Gelände strömen und auch das Leeren der Hallen am Donnerstagabend. Der Spannungsbogen war bei der virtuellen Messe somit ein ganz anderer.
Wie war das Feedback? Haben Sie während der virtuellen Messe bereits Rückmeldungen von Ausstellern und Besuchern erhalten?
CG: Im Großen und Ganzen haben wir positives Feedback erhalten. Aber auch immer wieder die Aussage, dass eine virtuelle Veranstaltung nicht eine Präsenzmesse mit den persönlichen Kontakten und dem persönlichen Austausch und allem anderen, was dazu gehört, ersetzen kann. Deshalb arbeiten wir auch jetzt schon wieder daran, nächstes Jahr im November die MEDICA und die COMPAMED in einem hybriden Format stattfinden zu lassen. Das heißt, es soll eine Präsenzveranstaltung hier vor Ort in Düsseldorf geben, die aber auch virtuelle Elemente enthält, bspw. das Streamen von Foren und Konferenzen oder die Möglichkeit, über unsere Matchmaking-Tool Videokonferenzen mit Personen abzuhalten, die leider nicht nach Düsseldorf kommen können.
VK: Generell lässt sich sagen, dass sich digitale Messen bevorzugt für Branchen anbieten, bei denen die Dienstleistungen und Produkte nicht in physischer Form vorhanden sein müssen. Für die MEDICA ist die Kombination aus physisch und online perfekt. Wie Herr Grosser bereits aufgezeigt hat, verhalten sich diese beiden Formatvarianten in gewisser Weise komplementär zueinander. Wichtig zu wissen ist, dass wir virtuell keine realen, dreidimensionalen Messen nachahmen bzw. 1:1 kopieren wollen und können, sondern es sich um ein gänzlich anderes, wenn auch ergänzendes, Format handelt.
Vielen Dank für das Interview und die Einblicke hinter die Kulissen der virtual.MEDICA und der virtual.COMPAMED, Frau Klein und Herr Grosser! Wir freuen uns mit Ihnen, dass die zwei Veranstaltungen auch in diesem Jahr wichtige Impulse für die Gesundheitswirtschaft gegeben haben, blicken dem Wiedersehen in Düsseldorf in 2021 aber schon gespannt entgegen!