Internationaler geht es kaum: Unser Auslandsvertrieb
Was passiert, bevor ein australischer Krankenhauschef ausgerechnet zu uns nach Düsseldorf fliegt, um sich auf der MEDICA über die neuesten Geräte und Trends zu informieren? Wie erfährt er davon, dass hier die Weltleitmesse für Medizin stattfindet und sich ein Besuch für ihn lohnen könnte?
Die Internationalität bei den Düsseldorfer Weltleitmessen ist traditionell sehr hoch – 70 Prozent und mehr beträgt sie je nach Messe sowohl bei den Ausstellern als auch bei den Besuchern. Damit die Fachbesucher, die aus der ganzen Welt anreisen, hier dann einen möglichst umfassenden Marktüberblick von Ausstellern aus aller Welt vorfinden, ist für die Messe Düsseldorf ein weltweites Netz von Auslandsvertretungen (AV) aktiv. Gesteuert und betreut wird dieses internationale Vertriebsnetz von unserer sechsköpfigen Abteilung International Business unter der Leitung von Dr. Schütte. Wir haben ihn und zwei seiner Kollegen gebeten, uns einen Einblick in ihren Arbeitsalltag zu gewähren.
Dr. Clemens Schütte, Abteilungsleiter International Business
Dr. Clemens Schütte kam im Dezember 2000 von einer großen Versicherungsgesellschaft zur Messe Düsseldorf und kümmerte sich zunächst um die strategische Koordinierung und die Unterstützung der Boards of Directors – also sozusagen der Aufsichtsräte – unserer Auslandsgesellschaften. Später war der promovierte Volkswirt dann als Geschäftsführer unserer Beteiligungsgesellschaft German Exposition Corporation International GmbH (GEC) und Mitglied des Board of Directors des Shanghai New International Expo Centre (SNIEC) verantwortlich für die Beteiligung der Messe Düsseldorf an einem Messegelände in Shanghai-Pudong. Die Leitung der Abteilung International Business übernahm Clemens Schütte vor gut zehn Jahren. Privat ist der Vater zweier erwachsener Kinder ein passionierter Läufer, den es auch beim Bergsteigen in den Alpen in die Natur zieht.
Dr. Schütte, wie oft haben Sie schon den Erdball umrundet?
Ohne es mitgezählt zu haben, im Laufe der Jahre sicherlich diverse Male. Weltweit unterhalten wir 77 Auslandsvertretungen, darunter auch Tochtergesellschaften in Chicago, Moskau, Delhi, Singapur, Hongkong, Shanghai und Tokio. Unsere Vertretungen bearbeiten insgesamt 141 Länder. Im Tagesgeschäft erledigen wir die Kommunikation mit unseren internationalen Kollegen und Partnern über unterschiedliche Kanäle vom klassischen Telefon über E-Mails und Videokonferenzen bis hin zu unserem „AV Net“, dem Intranet für die Auslandsvertretungen, als Informations-und Kommunikationsplattform mit dem Vertrieb. Dennoch ist der direkte persönliche Austausch mit unseren Vertriebspartnern auch im Medienzeitalter unverzichtbar. Wir sehen sie regelmäßig während unserer Leitmessen in Düsseldorf, wenn sie hier ihre Aussteller oder Besuchergruppen betreuen. Zusätzlich besuche ich etwa einmal im Monat unsere Auslandsvertretungen auch vor Ort. In diesem Monat werde ich beispielsweise unsere neue Repräsentanz in Colombo (Sri Lanka) eröffnen und an einer Auslandsvertretertagung für die Region Asia-Pacific in Indonesien teilnehmen.
Worin genau besteht die Aufgabe der Abteilung International Business?
Im Ausland sind über 200 Mitarbeiter in unseren Vertretungen und Tochtergesellschaften am Verkauf unserer Messen und Dienstleistungen beteiligt. Dieses Netz steuert meine Abteilung. Wir rekrutieren neue Vertretungen, managen die Verträge mit unseren Vertriebspartnern, steuern unser Provisionssystem, überwachen die Vertriebsergebnisse der einzelnen Vertretungsgebiete, geben strukturierte Feedbacks an unsere Vertretungen und agieren dabei auch als „Sparringspartner“ für unsere Auslandskollegen. Mit unserem China Desk stehen wir zudem in der Ergebnisverantwortung für die Beteiligung an unserem Messegelände Shanghai New International Expo Centre SNIEC in Shanghai.
Warum hat die Messe Düsseldorf so viele Auslandsvertreter und wie wichtig ist das Auslandsgeschäft für die Messe Düsseldorf?
Unsere Auslandsvertretungen leisten einen umfassenden Beitrag zu unserem Geschäft. Sie akquirieren neue Aussteller, betreuen Bestandskunden, unterstützen uns bei unseren internationalen Marketingaktivitäten, richten Pressekonferenzen in ihren Ländern aus, organisieren Besuchergruppen zu unseren Fachmessen, pflegen und entwickeln Netzwerke mit wichtigen Partnern der Messe Düsseldorf in Wirtschaft, Politik und Verbandswesen.
In einer immer globaleren Wirtschaft kommt der Großteil unserer Kunden und Umsätze mittlerweile aus dem Ausland. Der deutsche Markt ist weitgehend saturiert. Die ausländischen Märkte, vor allem in den für unser Geschäft so wichtigen Schwellenländern, wachsen kontinuierlich weiter. Deshalb wird der Umsatzanteil aus dem Ausland trotz aktueller Unsicherheiten wie Handelskonflikten oder dem BREXIT auch in Zukunft stetig weiterwachsen. Egal ob wir über die ausländischen Aussteller und Besucher in Düsseldorf sprechen oder über unsere eigenen Messeveranstaltungen in China, Indien und Lateinamerika: das Auslandsgeschäft wird immer wichtiger. Über unser weltweites Vertreternetzwerk erreichen wir unsere Kunden und Partner in allen relevanten Märkten, steigern die Bekanntheit unserer Messemarken und des Veranstaltungsstandorts Düsseldorf und generieren somit am Ende Wachstum für unsere internationalen Messeportfolios.
Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit und was sind Ihre persönlichen Highlights in den letzten Jahren gewesen?
Ich schätze die Internationalität unseres Geschäfts und dadurch den Umgang mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern und Kulturen. Mein Job verbindet in idealer Weise strategische und analytische Aufgaben mit klassischem „People’s Business“: im Messegeschäft wie auch im Vertrieb geht es am Ende immer um Menschen, ihre Fähigkeiten, Stärken und Motivation. Das ist gelegentlich anstrengend, aber meistens sehr bereichernd. Eine großartige Erfahrung war für mich aber auch, dass ich ein Messegelände in Shanghai vom ersten Spatenstich bis zur Blüte als Marktführer in Ostasien in verantwortlicher Position begleiten durfte. In Summe empfinde ich meine Arbeit als unglaublich abwechslungsreich und fast frei von Routinetätigkeiten.
Claudia Schmitz-Wagner, Referentin Auslandsvertrieb
Claudia Schmitz-Wagner ist die dienstälteste Kollegin in der Abteilung International Business. Frisch von Frankreich nach Düsseldorf gezogen, war sie schon vor ihrem Studium der Außenwirtschaft bei der Messe Düsseldorf tätig. Nach dem Studienabschluss war dann relativ bald die für sie perfekte Stelle in der damaligen Abteilung „Auslandsvertretungen“ ausgeschrieben und sie ergriff die Gelegenheit beim Schopf. Denn sie wollte unbedingt in einem internationalen Umfeld arbeiten und, wie sie selbst sagt, „internationaler als hier geht es kaum“. Auch privat reist sie gern, am liebsten mit Mann und Hund, außerdem mag sie Konzerte und kochen und gut essen mit Freunden.
Frau Schmitz-Wagner, aus wie vielen Ländern erreichen Sie täglich Anrufe und Mails?
Das ist sehr unterschiedlich – bei uns ist jeder Tag anders. Heute waren es beispielsweise nur acht Länder. Je nachdem, welche Themen oder Projekte gerade anstehen, ist es gerade bei den Mails auch deutlich mehr – da kommen dann schnell um die 30 Länder zusammen. Und während einer Messelaufzeit haben wir auch schon mal bis zu 50 Nationen persönlich bei uns im Büro.
Wie eng ist Ihr Kontakt zu den Auslandsvertretern?
Auch das variiert natürlich sehr. Ich kümmere mich ja nun schon seit gut 20 Jahren um die Belange der Auslandsvertretungen und habe entsprechend mit einigen ein sehr enges Verhältnis, teilweise sind Freundschaften daraus entstanden. Und dadurch, dass ich schon so lange dabei bin, wenden sich viele AVen auch oft noch zunächst an mich, obwohl meine Kollegen und ich die Welt unter uns aufgeteilt haben.
Wie groß sind die landestypischen Unterschiede zwischen den Ländern? Gibt es eine besondere Anekdote oder Geschichte, die Sie zum Thema Verständigung erzählen können?
Die Mentalitätsunterschiede sind natürlich riesig, das ist ja schon allein in Europa so. Einen Italiener kann man nicht mit einem Finnen vergleichen … Asiaten nicht mit Südamerikanern … Es bedarf häufig Feingefühls für die Kommunikation, gleichzeitig dürfen wir nicht zu empfindlich sein und müssen auch manchmal zwischen den Zeilen lesen können, da die meisten AVs weder im Deutschen noch im Englischen Muttersprachler sind. Am Anfang meiner Zeit hier gab es noch Vertreter, die ein Problem damit hatten, dass Frauen ihnen etwas zu sagen hatten, die Zeiten sind aber vorbei.
Was macht für Sie den Reiz Ihrer Arbeit aus? Was möchten Sie nicht mehr missen?
Der Reiz unseres Jobs ist die Vielseitigkeit. Wir sind nicht nur mit vielen Ländern und somit den unterschiedlichsten Mentalitäten der Welt in Kontakt, sondern auch mit allen Projekten und Abteilungen im Haus. Gegenüber der Messe Düsseldorf vertreten wir die Interessen der AVen und andersrum, wofür wir auch hin und wieder diplomatisches Geschick benötigen.
Jens Steinbach, Gruppenleiter Auslandsvertrieb, Asia Pacific Desk
Jens Steinbach ist der China-Experte der Abteilung. Er hat Regional-wissenschaften Ostasien / China mit Schwerpunkt BWL studiert und war nach seinem Studium zunächst Referent für Neugeschäftsentwicklung, bevor er für die Messe Düsseldorf nach Shanghai ging. Dort lebte und arbeitete er insgesamt fast zweieinhalb Jahre. Er ist mit einer Taiwanesin verheiratet, gerade stolzer Onkel geworden und mag neben Fotografie und Literatur auch gutes Essen und Kochen.
Herr Steinbach, wie oft sprechen Sie chinesisch? Bestellen Sie im chinesischen Restaurant auf chinesisch?
Ich spreche es jeden Tag mit meiner Frau, auch wenn ich das eigentlich vermeiden will, da sie zur Zeit Deutsch lernt. Und ja, ich rede mit den Kellnern Chinesisch und freue mich dann jedes Mal klammheimlich über den verdutzten Gesichtsausdruck des Gegenübers.
Was ist der Schwerpunkt Ihrer Arbeit?
Ich bin bei uns für das Shanghai New International Expo Center (SNIEC) mit zuständig, an dem die Messe Düsseldorf 16,66% der Anteile hält – genauso wie die Messe München und die Deutsche Messe AG. 50% der Anteile an diesem Gelände sind somit in deutscher Hand, die anderen 50% gehören einer Tochter der Stadt Shanghai. Und das SNIEC ist immerhin das am besten ausgelastete Messegelände der Welt.
Außerdem nehme ich an den Boardsitzungen unserer beiden Tochtergesellschaften Messe Düsseldorf China (MDC) und Messe Düsseldorf Shanghai (MDS) Teil und bin Ansprechpartner für die chinesischen Kollegen und ihre Anliegen. Nur um einen groben Eindruck von der Größenordnung unseres Chinageschäfts zu geben: China ist nach Italien und Frankreich die drittgrößte ausländische Ausstellernation in Düsseldorf. 2018 haben wir rund 33.000 Quadratmeter an chinesische Aussteller verkauft und hatten auf unseren Messen insgesamt 2.145 Aussteller aus China.
Daneben betreue ich auch die 18 Vertretungen in der Region Asien-Pazifik und bin „Mädchen für alles“, von A wie „Analysen in Excel“ über G wie „Gastgeschenke und Protokollarisches“ bis Z wie „Zahlungsabgleich mit China“. Die Bandbreite meiner Tätigkeiten ist ziemlich groß.
Welche Aufgaben haben Sie bei der Messe Düsseldorf China und Shanghai?
Ich bin Finanzchef (Finance Director) bei der Messe Düsseldorf China und Supervisor bei der Messe Düsseldorf Shanghai. Der Supervisor ist ein vom Gesellschafter (also der MDC als Muttergesellschaft der MDS) berufenes, in dieser Art nur in China vorkommendes firmeninternes Organ, das darüber wachen soll, dass gesetzliche Vorschriften und die Satzung der Gesellschaft beachtet werden und allgemein die Interessen der Gesellschaft gewahrt bleiben.
Wie pflegen Sie die Kontakte nach China?
Natürlich nutze ich alle modernen Kontaktmittel, regelmäßige Reisen spielen aber auch eine große Rolle. Außerdem besuche ich China-bezogene Veranstaltungen in der Stadt Düsseldorf und stehe in regelmäßigem Kontakt zum China-Kompetenzzentrum der Stadt Düsseldorf.
Welche kulturellen Besonderheiten sollte man im Umgang mit Chinesen unbedingt kennen und beachten?
Ein wichtiges „Do“ ist relativ bekannt: Man nimmt Visitenkarten immer mit beiden Händen entgegen, um seine Wertschätzung auszudrücken. Weniger bekannt ist ein wichtiges „Don’t“: niemals Messer oder Uhren schenken, weil das verstanden werden kann als „Wir sind getrennte Leute“, bzw. „Deine / Ihre Zeit ist abgelaufen“. Allgemein gesprochen sind Chinesen aber viel unkomplizierter im Umgang als beispielsweise Japaner oder auch Koreaner. Übrigens: Wer mehr über China erfahren möchte, sollte einmal Kai Strittmatters „Gebrauchsanweisung für China“ lesen. Man wird köstlich unterhalten und lernt ganz nebenbei auch viel über Land und Leute.
Wir bedanken uns bei allen Kollegen für die Interviews und den spannenden Einblick in Ihren Arbeitsalltag.