#GED21: Eine Welt ohne Messen
… wird es nicht geben. Den Beweis liefern unter anderem unsere Auslandsmessen. Kaum waren Messen in China und Russland wieder erlaubt, füllten sich dort die Hallen. Auch in Deutschland zeigen Umfragen: Rein digitale Events sind für die meisten Aussteller keine Dauerlösung, Präsenzmessen bleiben unerlässlich für die Wirtschaft. Anlässlich des Global Exhibitions Day (GED), dem weltweiten Aktionstag der Messebranche, berichten deshalb einige unserer Kolleginnen und Kollegen, was genau sie für den Messe-Neustart zuversichtlich stimmt. Wir sind bereit!
Alles wie immer – und doch komplett anders: Alexander Kantor macht nach wie vor täglich Kontrollgänge und koordiniert Reparaturen. Als Hallenmeister achtet der 27-Jährige darauf, dass die Hallen der Messe Düsseldorf technisch und optisch stets in einwandfreiem Zustand sind. Und das ist in der Pandemie genauso gewährleistet wie zuvor. Was ihm fehlt: Die Menschen. „Beim Auf- und Abbau sowie während der Veranstaltungen bin ich meist der erste Ansprechpartner für Kunden und Messebauer, helfe weiter oder weiß, wer weiterhelfen kann“, sagt Kantor. „Die Kurzarbeit hat außerdem den Kontakt zu Kollegen stark eingeschränkt.“
Alles auf Neustart
Die Pandemie war für alle Kolleginnen und Kollegen eine Zäsur. Lena Maria Brümmer aus dem Team der weltgrößten Verpackungsmesse interpack bringt es auf den Punkt: „Wir mussten erfahren: Das Gelingen einer Veranstaltung liegt nicht mehr primär in unseren Händen, sondern ist nun extrem von sich rapide ändernden exogenen Faktoren abhängig, wie der Infektionslage Lockdown-Bestimmungen und Reisemöglichkeiten.“
So einschneidend die aktuelle Situation ist, so viele positive Anzeichen gibt es aber auch. „Wir sind im März mit den Anmeldungen für die interpack 2023 live gegangen und haben innerhalb kürzester Zeit sehr viele Anmeldungen erhalten“, berichtet Brümmer. Auch für die im Dezember 2021 in Kairo geplanten Veranstaltungen zeigt sie sich optimistisch. „Seit April finden dort wieder Messen statt und die Region ist ein spannender Zukunftsmarkt. Wir haben unsere Präsenz in Kairo daher noch weiter ausgebaut und werden neben der pacprocess MEA auch die Food Africa abhalten.“
Im Ausland läuft’s wieder
Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bei den zahlreichen anderen Düsseldorfer Weltleitmessen und ihren internationalen Satellitenveranstaltungen. Allein im 2. Halbjahr 2020 veranstaltete unsere chinesische Tochtergesellschaft, die Messe Düsseldorf Shanghai, sechs Messen mit mehr als 3.200 Ausstellern und 160.000 Fachbesuchern. Insgesamt sind zehn Eigenveranstaltungen in diesem Jahr geplant. Anfang des Jahres konnte auch das Russlandgeschäft neu starten. Russlands führende Modemesse, die CPM – Collection Première Moscow, bildete im Februar mit 10.762 Einkäufern und 550 präsentierten Modemarken den Auftakt. Ende April folgte die NEFTEGAZ mit 450 Ausstellern aus 23 Ländern und mehr als 14.000 Besuchern. Die Messe Düsseldorf Moskau wird 2021 zwölf Eigen- und Kooperationsveranstaltungen, Beteiligungen und Konferenzen veranstalten.
Unser CEO, Wolfram N. Diener, sieht darin auch positive Signale für den Standort Deutschland: „Messen werden auch künftig eine zentrale Rolle für die Wirtschaft spielen. Die Branchen benötigen schließlich Plattformen für Präsentation, Information, Austausch und Networking“, sagt Diener. „Nach einer intensiven Zeit digitaler Kommunikation ist der Wunsch nach persönlichen Begegnungen auch im Geschäftsleben groß. Präsenzmessen bieten den Faktor Mensch – unerlässlich, um Vertrauen zu schaffen.“ Die Zahlen geben ihm Recht: In einer Umfrage des Messeverbands AUMA unter 427 aus-stellenden Unternehmen beklagen 76 Prozent die durch Messeabsagen fehlenden Möglichkeiten zur Gewinnung neuer Kunden, 84 Prozent das ausbleibende persönliche Networking und rund 60 Prozent vermissen die Chance zur realen Präsentation neuer Produkte.
Wertvolle Messen
Hinzu kommt die gesamtwirtschaftliche Bedeutung: Messen steuern dem ifo-Institut zufolge in „normalen“ Jahren rund 28 Mrd. Euro zur deutschen Wirtschaftsleistung bei. Außer den unmittelbar betroffenen Branchen wie Messeveranstaltern, Messestandbaufirmen und Ausstellern profitieren unter anderem auch Hotels, Gastronomie, Spediteure, Taxifahrer und der Einzelhandel in den Messestädten von den Veranstaltungen. Das summiert sich allein in Düsseldorf durchschnittlich auf 1,66 Milliarden Euro Messe- und Kongressinduzierte Umsätze und 36,3 Millionen Euro Steuereinnahmen jährlich. Diese Effekte fehlen aktuell: Die Messeabsagen von März 2020 bis Mai 2021 haben laut Messeverband AUMA bisher zu einem deutschlandweiten Verlust von 40 Mrd. Euro geführt.
Umso wichtiger, dass es bald wieder los geht. Nicole Funke aus dem Team der weltgrößten Wein- und Spirituosenmesse ProWein ist zuversichtlich: Bereits Dreiviertel der ursprünglich für die ProWein 2020 angemeldeten Aussteller haben sich für die ProWein 2022 registriert. Viele Weitere haben ihre erneute Ausstellerpräsenz in Aussicht gestellt. Für die im September anstehende ProWine Hong Kong sowie die für November an-stehende ProWine Shanghai rechnet sie mit mindestens 75 Prozent der vermieteten Flächen der Vorveranstaltung. „Die Coronakrise hat deutlich gezeigt, dass eine Wein- und Spirituosenmesse physisch stattfinden muss. Hier werden alle Sinne angesprochen, Wein und Spirituosen müssen verkostet werden“, betont Nicole Funke. „Virtuelle Präsentationen und Networking können dies nicht bieten.“
Digital allein ist keine Alternative
Eine AUMA-Umfrage bestätigt dieses Bild auch branchenübergreifend. 79 Prozent der befragten Unternehmen sehen digitale Events als keine oder zumindest als keine dauerhafte Alternative. Damit sich Unternehmen in der Corona-Zeit präsentieren, netzwerken und informieren können, hat auch die Messe Düsseldorf neue virtuelle Events geschaffen. Im April nutzten beispielsweise 212 Aussteller aus 35 Ländern und rund 45.000 Besuchern aus 155 Nationen das Angebot der virtual. drupa. Vivien Scheffran aus dem Team der drupa, der weltgrößten Messe für Printtechnologien, stellte trotz des hohen Zulaufs der virtuellen Veranstaltung fest: „Der Wunsch, dass sich die globale Community spätestens wieder zur drupa 2024 in Düsseldorf trifft, ist ungebrochen hoch. Die digitalen Formate, die wir nun entwickelt haben, werden dann die Präsenzmesse ergänzen und in Kombination den größten Nutzen für unsere Kunden stiften.“
Die Mischung macht‘s
Tatsächlich wollen auch 48 Prozent der durch den AUMA befragten Unternehmen künftig auf reale Messen setzen sowie digitale Ergänzungen nutzen. Wolfram N. Diener hebt die Vorteile solcher hybriden Veranstaltungen hervor: „Dank Streamings, On-Demand-Angeboten und Ausstellerprofilen werden Personen teilhaben können, ohne physisch vor Ort zu sein. Unsere Aussteller erreichen zugleich mehr potenzielle Kunden durch die Verlängerung einer Messe ins Digitale. Zusammen bilden alle eine Community, die 365 Tage im Jahr aktiv sein kann. Dies festigt die führende Position der Düsseldorfer Weltleitmessen als zentrale Plattformen ihrer jeweiligen Branche – zu den Laufzeiten der Präsenzmessen und über das ganze Jahr hinweg.“
Bei Kongressen, Tagungen und Konferenzen zeichnet sich ein ähnliches Bild. Annette Walz, Director Innovation & Community Engagement bei Düsseldorf Congress, stellt fest: „Schon vor der Pandemie war klar: Kongresse und Business-Events müssen immer digitaler aufgeladen wer-den, neue Formate müssen her.“ Mit diesem Auftrag ist sie mitten im ersten Lockdown bei der Tochtergesellschaft der Messe Düsseldorf gestartet und erlebt seitdem eine immense technologische Beschleunigung der Branche. „Was zuvor im Sinne der Weiterentwicklung und Zukunftssicherung angedacht war, ist nun ein absolutes Muss“, fasst Annette Walz zusammen. Das Engagement trägt Früchte: 2020 hat Düsseldorf Congress knapp die Hälfte seiner Veranstaltungen hybrid oder virtuell ausgerichtet – von Hauptversammlungen über Fachkongresse bis hin zu Community Events. „Wir waren außerdem erstmals als technischer Streamingpartner bei einem Kunden vor Ort im Einsatz – und haben direkt den Auftrag fürs Folgejahr gewonnen“, freut sich Annette Walz. „Ob physisch, hybrid oder virtuell – wir sind bereit.“
Alles ist vorbereitet
Die Messe Düsseldorf hat bereits vergangenen Herbst den CARAVAN SALON als Präsenzveranstaltung durchgeführt. Markus Leuker, Leiter Sicherheit, hebt hervor: „Mit unserem umfassenden Hygiene- und Infektionsschutzkonzept haben wir bewiesen: Erfolgreiche Messen sind unter dem größtmöglichen Schutz für alle Beteiligten in Corona-Zeiten möglich.“ Dafür haben zahlreiche Maßnahmen wie Personenbegrenzungen, 8.000 Hinweisschilder, 1.600 Desinfektionsspender und 600 Meter Trennglasscheiben gesorgt. „So konnten wir rund 107.000 Besucher zur ersten deutschen Großmesse nach dem Lockdown im letzten Jahr begrüßen – ein erster Re-Start. Und der zweite kommt ganz sicher.“
Wenn es soweit ist, werden Ian Hume, Leiter Veranstaltungstechnik und Logistik, und sein Team die Gäste mit als Erste begrüßen: „Ich bin zuversichtlich, dass wir nach Corona wieder täglich bis zu 70.000 Aussteller, Besucher und Dienstleister empfangen werden – unter anderem an zwei U-Bahnhöfen, zahlreichen Bushaltestellen, Taxi-Ständen sowie 20.000 Parkplätzen. Die Welt kann also wieder kommen, wir stehen bereit.“