Wir können auch ander(e)s: Die Messe Düsseldorf als Lager für Schutzausrüstung
Am liebsten machen wir Messen. Das können wir am besten. Und wenn das nicht geht? Dann machen wir eben was anderes!
Vor knapp einem Monat hat bei der Messe Düsseldorf mit dem CARAVAN SALON die erste Publikumsmesse in Corona-Zeiten stattgefunden, die uns nach einem halben Jahr endlich wieder Messe-Luft schnuppern ließ. Vorher war lange nicht klar, wann wir wieder Messen würden durchführen dürfen; unser Gelände und unsere Hallen standen leer. Das führte nicht nur dazu, dass mit dem „Düsselland“ auf unserem Gelände ein Pop-up-Freizeitpark aufgebaut wurde, es brachte uns auch eine Anfrage des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW ein. Das Gesundheitsministerium hat ab dem Beginn der Corona-Pandemie in großem Umfang Schutzmaterial bestellt, das gelagert und umverteilt werden musste, und bat uns dabei um Unterstützung. Für die Messe Düsseldorf eine Frage der Ehre!
Unsere Abteilung Veranstaltungstechnik und Logistik hat sich spontan bereit erklärt, das Umschlaglager für das Land NRW in der leerstehenden Halle 7a einzurichten und mit „Manpower“, Gabelstaplern und logistischer Kompetenz zu unterstützen. Sabine Schaller-Drösel, Referentin für Hallenbelegungsplanung, und René Hellermann, stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung Veranstaltungstechnik und Logistik, waren von Anfang an dabei und geben uns einen Einblick in dieses spannende und herausfordernde Sonderprojekt, das aus der Anfrage des Ministeriums entstanden ist.
Flexibilität, Einsatzbereitschaft und Teamarbeit
Wie ist das Projekt gestartet?
Sabine Schaller-Drösel (SSD): Als Überraschungspaket. So richtig wussten wir am Anfang nicht, was auf uns zukommt. Kurz nach der Zusage trafen die ersten LKW mit Schutzausrüstung für Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen in NRW bei uns in Halle 7a ein. Jetzt hieß es Anpacken! Denn die LKW mussten entladen werden und die Waren gesichtet, registriert, mengenmäßig auf die Regierungsbezirke verteilt und dann in die vom Deutschen Roten Kreuz zum Weitertransport gestellte LKW-Flotte wieder eingeladen werden.
Das hört sich doch gar nicht so kompliziert an …
René Hellermann (RH): Das stimmt. Aber die ersten Ladungen waren die reinste Wundertüte: Sie bestanden aus bunt gemischten Kartons unterschiedlichster Größe und die Beschriftung kam uns in vielen Fällen nicht nur chinesisch vor – sie war es auch. Das heißt wir mussten jeden Karton öffnen, durchzählen, sortieren, prüfen und dann zum Teil neu verpacken und für den Weitertransport palettieren.
Wie haben Sie da den Überblick behalten?
SSD: Am Anfang waren viel Improvisation und Flexibilität gefragt, es war wenig planbar. Aber die ersten Artikellisten und auch die Halle 7a kamen schon früh an ihre Grenzen. Wir mussten eine professionellere Lagerlogistik auf die Beine stellen, mit übersichtlichen Ein- und Ausgangs-Dokumentationen der Waren, eigenem WLAN-Zugang und EDV-Arbeitsplätzen. Das ganze Team war mit vollem Einsatz und vielen Verbesserungsvorschlägen dabei, so dass wir unsere Abläufe immer weiter optimieren konnten. Mit der Zeit wurden außerdem aus den anfänglichen Gemischtwaren-Lieferungen Ladungen mit nur einem Produkt, die Sortierarbeit wurde weniger und unsere Kollegen wurden zu richtigen Experten in Sachen Schutzausrüstung.
Ein professionelles Logistikzentrum samt Prüfstelle der Bezirksregierung Düsseldorf und Besprechungsecke
Sie sagen, Halle 7a stieß an ihre Grenzen. Und dann?
RH: Wir haben expandiert – Platz hatten wir ja genug. 😊Während im Innengelände das „Düsselland“für Kirmesatmosphäre sorgte, wurden in den Hallen bereits 32.000 qm durch das MAGS-Lager in Beschlag genommen. Die Hallen 3 und 5 kamen hinzu und das Verteilzentrum wechselte von der 7a in Halle 6, wo zwar deutlich mehr Platz, aber leider auch mehr Durchzug war.
Aber wir wären ja nicht bei der Messe Düsseldorf, wenn wir dafür nicht eine spontane Lösung gefunden hätten: Ein Anruf genügte und die Kollegen von der Veranstaltungstechnik bauten uns in Halle 6 mit dem vorhandenen Standbaumaterial auf die Schnelle eine professionellere Logistikzentrale samt Prüfstelle der Bezirksregierung Düsseldorf und Besprechungsecke auf. So ließ sich das Projekt auch beim offiziellen Besuch von NRW Gesundheitsminister Laumann am 3. Juni der Öffentlichkeit präsentieren.
Über was für Artikel und Mengen sprechen wir denn eigentlich genau?
SSD: Die Artikelliste zählte bis Anfang August schon 807 unterschiedliche Produkte. Allein bis dahin waren mehr als 100 Millionen Masken, 12 Millionen Schutzanzüge und -kittel, 7 Millionen Brillen und Visiere, 6 Millionen Handschuhe, 650.000 Testsets und etliche Liter gespendeter Desinfektionsmittel mit mehr als 1.700 LKW-Fuhren rein und nochmal so vielen wieder raus gegangen. Danach sind noch Millionen weitere Artikel hinzugekommen.
RH: Die Kollegen mussten richtig anpacken! Als echte Düsseldorfer haben wir auf die 1.111 umgepackte Palette angestoßen. Irgendwann waren es dann um die 2000. Einmal mussten in zwei Tagen von nur zwei Mann 16 Tonnen Nettogewicht umgepackt werden, das war eine echte Herausforderung.
Vielen Dank für diese interessanten Einblicke in ein Projekt, das von außen weitgehend unbemerkt abgewickelt wurde! Inzwischen hat das Land langfristige Lager mit Schutzausrüstung aufgebaut. Dorthin wurden in den vergangenen vier Wochen bereits 260 LKW-Ladungen mit jeweils 32 Paletten Schutzmaterial transportiert. Die Paletten mussten natürlich erst ordentlich gepackt und foliert werden. Ihr könnt Euch jetzt also ungefähr vorstellen, warum unsere Kollegen zeitweise von den rotierenden Foliermaschinen geträumt haben und warum Lagerlogistik berechtigterweise ein 3-jähriger-Lehrberuf ist.
Wir freuen uns auf jeden Fall darauf, wenn unsere Messen wieder „Leben“ statt Kartons in die Hallen bringen.